Der Bauflüsterer

Nach mehr als 45 Jahren Erfahrung auf dem Bau kann ich heute sagen: Es gibt wenig, was ich wohl noch nicht gesehen habe. Es gibt (hoffentlich) nichts mehr, was mich noch schockt.

Eigenleistungen sind sehr beliebt, soweit man damit Geld einsparen kann. Aber nicht alle Eigenleistungen werden fachmännisch ausgeführt. So haben wir einen Großvater im Keller eines Hauses angetroffen, der in einer 24 cm dicken Hochloch-Ziegelwand (Poroton) auf beiden Seiten Schlitze für die Elektroleitungen klopft und nur noch 10 cm der Wand übrig war. Allerdings befanden sich noch 2 Etagen darüber! Der Mann ließ sich partout von seiner Arbeit nicht abbringen. Da akute Einsturzgefahr bestand, wurde unser Büro vom Bauleiter um Hilfe gerufen.

Wenn es die Handwerker am Freitag eilig haben, in ihr wohlverdientes Wochenende zu kommen und daher keine Zeit mehr finden, den frisch gemauerten Giebel fachgerecht abzustützen, kann es schon mal passieren, dass ich am Montag gerufen werde, weil der Giebel vom Wind in den Garten getrieben wurde. Gerade beim Neubau erlebt man die ungewöhnlichsten Dinge.

Früher dauerte ein Neubau oft mehrere Jahre, bis er bezugsfertig war. Der Bau hatte ausreichend Zeit zum Trocknen. Wir bauen immer schneller. Ein Einfamiliehaus ist heute oft schon nach einem halben Jahr bezugsfertig. Viele Bauherren können sich auf Dauer auch die Doppelbelastung von Miete und Neubaukosten nicht leisten und möchten daher so schnell wie möglich einziehen. Deshalb ist oft auch beim Einzug noch viel Restfeuchte vorhanden, die noch raus muss. Vielleicht kennen Sie noch den Begriff "Trockenwohnen"? Trocknen von Bauteilen ist immer mit Verformungen verbunden. Dann kann es zu Rissen kommen oder zu Schimmelpilzbildung versteckt unter dem teuren Parkettboden.

Viele Firmen arbeiten mit Subunternehmen, da sie zu den aufgerufenen Preisen selbst nicht mehr arbeiten können. Dann kommt es auch vor, dass Handwerker zugange sind, die die deutsche Sprache sowie die deutschen Bauvorschriften nicht beherrschen - eine weitere Quelle für Mängel und daraus entstehende Schäden.


 

Tipp 1

Man kann es gar nicht oft genug sagen. Es gibt 3 Gründe, wie man Baukosten möglichst niedrig halten kann:

  1. Gute Planung spart Kosten. 
  2. Gute Planung spart Kosten.
  3. Gute Planung spart Kosten. 

Viele Bauherren und -damen sparen an der völlig falschen Stelle, wenn sie Preise vergleichen. Das vermeintlich billigste Angebot ist oft nicht das Beste. Und kaum jemand erklärt ihnen, warum das so ist. Das ist ärgerlich. Bauherren und -damen bauen meistens zum ersten Mal in ihrem Leben und zahlen - aufgrund Unkenntnis - viel Lehrgeld. Aber erst, wenn sie ihr neues Haus bezogen haben, sehen sie z.B. ärgerliche Schäden wie Feuchteschäden (Schimmel), Undichtigkeiten oder Risse, um die häufigsten Schäden zu benennen. 

Investieren Sie bei Ihrem Bauvorhaben in gute Planung und engagieren Sie einen möglichst unabhängigen, nur Ihnen verpflichteten Fachmann als Bauleiter, der die verschiedenen Arbeiten bzw. Gewerke (Elektroinstallationen, Fensterbauer, Maurer- und Verputzerarbeiten, Fliesenarbeiten usw.) koordiniert. Handwerker sehen oft nicht über den Tellerrand ihres eigenen Gewerks, werden aber mangels fachgerechter Planung für Planungsaufgaben verantwortlich gemacht, die nicht in ihrem Auftragsumfang liegen. Bei Gericht heißt es: eine fehlende Planung ist eine Fehlplanung!

Übrigens, gute Planung ist IMMER billiger als teure Gerichtsverfahren und schont obendrein die Nerven. Einen vermurksten Bau macht auch der beste Anwalt nicht mehr schön.

Tipp 2: Alle an einen Tisch!

Der Traum vom eigenen Haus soll endlich in Erfüllung gehen. Zu einer guten Planung gehört eine gute Zusammenarbeit zwischen allen am Bau Beteiligten:

  • Bauherr/-Dame
  • Architekt/Architektin
  • Statiker/Statikerin
  • die Unternehmen (Handwerksunternehmen)

müssen frühzeitig an einen Tisch und die Planung besprechen. Wie sieht es in der Praxis aus?

Der Bauherr beauftragt einen Architekten. Der Architekt macht einen Bauplan. Der Bauplan wird vom Bauherrn genehmigt. Der Architekt macht einen Bauantrag, der beim Bauamt eingereicht wird. Nun wird ein Statiker gesucht, der die Tragwerksplanung und die bauphysikalischen Nachweise erarbeitet. Dann stellt man meistens fest, dass vom Architekten geplante Vorgaben - wie Wand- oder Deckenstärken - so nicht haltbar sind. Teile müssen wieder umgeplant werden. Jetzt erfolgen Ausschreibungen, Handwerker geben ihre Angebote ab und werden anschließend mit der Ausführung beauftragt. Die stellen nun ihrerseits fest, dass Teile der Planung so nicht ausführbar sind. Es muss wieder umgeplant werden, sofern es noch möglich ist.

An dieser Stelle brechen wir ab. Sie sehen, dass der große Tisch ganz am Anfang Sinn macht. Wenn Architekt und Tragwerksplaner frühzeitig zusammenarbeiten und die Vorgaben der Bauherrschaft gemeinsam umsetzen und zu einer Detailplanung ausarbeiten, die eine fachgerechte Umsetzung in der Praxis gewährleistet. Das bedingt einerseits, dass die Fachleute ihr Handwerk, also die Planung, verstehen und die Bauherrschaft diese auch entsprechend honoriert. Nur dann ist gewährleistet, dass Sie nicht am Ende in einem schlecht oder eben gar nicht geplanten Haus wohnen und sich vor Gericht über die Folgen einer Reihe von Fehlentscheidungen streiten.


 

Tipp 3: Vor dem Neubau bitte ein Bodengutachten!

Was viele Bauherren/ -damen oft nicht wissen: das Baugrundrisiko tragen allein die Bauherren/-damen!

Ein Tragwerksplaner oder Architekt kann nicht verantwortlich gemacht werden für Mehrkosten, die aufgrund eines ungenügend tragfähigen Baugrunds entstehen.

Hier kann es u.U. ratsam sein, schon vor dem Grundstückskauf ein Bodengutachten anzufordern.


Tipp 4: Der Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist sehr sinnvoll

Der Einbau einer zentralen (beim Neubau) oder dezentralen (bei Sanierung) Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist sehr sinnvoll.  Der größte Teil des Energieverlustes sowohl in neuen als auch in sanierten Häusern entstehen durch Lüftungswärmeverluste. Beim Lüften geht Wärme verloren und durch eine Rückgewinnungsanlage bekommt man einen Teil davon wieder.

Beispiel: Sie haben eine Innenraum-Lufttemperatur von 21 Grad. Beim Lüften ist diese aufgewärmte Luft erst mal weg. Eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung von bis zu 90 Prozent speichert die Abwärme in einem Keramik-Element und wärmt damit die zugeführte Luft wieder vor.

Den Unterschied zwischen der Zuluft mit ca. 17-18 Grad oder der nicht vorgewärmten Zuluft von -5 bis -10 Grad im Winter werden Sie sofort merken und die eingebaute Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung schnell zu schätzen wissen. Und die eingesparten Energiekosten sowieso.


Gut zu wissen: Wie entstehen Risse in der Wand?

Was viele fachfremde Menschen wahrscheinlich überraschen wird: Risse am Bau sind unvermeidlich. Die Kunst einer guten Planung besteht darin, zu wissen, wie Risse entstehen, wo sie auftreten können und wie man sie so gestalten kann, dass man sie nicht mehr bemerkt und daraus auch keinen Schaden entsteht. Wenn der Riss zu groß ist, tritt Regenwasser ein, im Winter gefriert die eingetretene Feuchtigkeit und richtet weiteren Schaden an.

Beispiel: Eine frisch gemauerte Wand enthält noch viel Feuchtigkeit, die während der Bauzeit wieder austrocknen muss. Dabei kommt es zwangsläufig zu Verformungen im Mauerwerk. Das nennt man Schwinden, heißt: die Mauer wird kleiner. Dabei entstehen Risse. Je schneller die Mauer trocknet, desto umfangreicher die Risse-Bildung. Je größer die Mauer, desto mehr Risse.

Ein guter Planer weiß das und ordnet z.B. Dehnungsfugen in der Wand an, die diese Bewegungen aufnehmen können. Der Riss verschwindet sozusagen in der Fuge.